Zu David Jonathan Ross' Errungenschaften als Schriftgestalter gehören die Designs von Fit, Klooster, Megabase und Pomfret.
Es gibt Schriftdesigns für jedes erdenkliche Produkt, jede Stimmung und jedes Szenario. Doch selbst mit der scheinbar unendlichen Anzahl von Schriftarten, die heute verfügbar sind, ist die Welt der Typografie ständig reif für Innovationen.
Von den Anfängen der Gutenberg-Druckerpresse im 15. Jahrhundert über die Einführung von Desktopcomputern bis hin zur heutigen Verbreitung von Medien und Geräten – die Art und Weise, wie wir Schrift erstellen, gestalten und mit ihr interagieren, entwickelt sich ständig weiter. Typografie ist am Puls der Technologie und der Kultur. Das zeigen diese fünf Designer, die immer wieder neue Maßstäbe setzen.
Mit variablen Schriftarten haben Designer die Wahl.
Viele Jahre lang bestand eine digitale Schriftfamilie aus separaten Schriftdateien für jede Stärke und jeden Stil – bis 2016 eine zusätzliche Option eingeführt wurde, die variablen Schriftarten. Variable Schriftarten enthalten die gesamte Schriftfamilie in einer einzigen Datei und ermöglichen so unzählige Variationen im Stil. „Vorher konnte man zwar die Schriftart ändern, aber man musste eine andere Schriftdatei verwenden und einen Buchstaben gegen einen anderen auszutauschen. Hier werden die Buchstaben tatsächlich gemorpht“, erklärt Schriftdesigner David Jonathan Ross, der seine eigene Gießerei DJR betreibt und ein Schriftart des Monats-Abo anbietet.
Die Schönheit von variablen Schriften liegt laut Ross in ihrer praktischen Anwendung. Sie bieten Designern die Flexibilität, stilistische Variablen wie Stärke und Breite einer Schrift zu steuern und dadurch komplexere Kompositionen zu schaffen. Als Beispiel nennt Ross Fit, eine variable Schrift, die er 2016 in einem seiner früheren Experimente entworfen hat. „Sobald man seinen Text in dieser Schriftart eingegeben hat, kann man sie einfach dehnen und stauchen, damit das Wort in den verfügbaren Raum passt, da sie von sehr schmal bis sehr breit reicht. Auf diese Weise findet sich unabhängig vom aktuellen Wort oder Satz immer eine Version, die passt“, erklärt er.
Im Grunde sind variable Schriftarten eine Reaktion auf die heutige komplexe Welt. Ross erwähnt, dass Romane früher nur einen durchgehenden Text benötigten, während moderne digitale Dokumente Überschriften, Unterüberschriften, Fließtext und mehr erfordern. Und diese Dokumente müssen auf einer Vielzahl von Bildschirmen gut aussehen: von Computern über Smartphones bis hin zu Smartwatches. „Mit einer variablen Schriftart haben Designer vollen Zugriff auf eine breite Palette von Schriftvariationen, um diese typografische Komplexität zu bewältigen. Sie können Schriften erstellen, die wirklich auf die Umgebung reagieren“, sagt Ross. „Es ist eine Gelegenheit, die Beziehung zwischen den Schriftdesignern und den Schriftanwendern neu zu definieren.“ – Ariela Kozin
Amber Weavers „Femme Type“ schafft Raum, um zeitgenössische Schriftdesignerinnen aus der ganzen Welt zu feiern.
Die Zukunft des Schriftdesigns ist weiblich.
Wenn es um Geschlechterparität und Gleichberechtigung in der Designbranche geht, liegt noch einiges an Arbeit vor uns. Laut dem AIGA Design Census 2019 machen Frauen mehr als die Hälfte der berufstätigen Designprofis aus, doch nur elf Prozent der Führungspositionen sind von Frauen besetzt. Wenn man sich auf die Untergruppe der Designer konzentriert, die sich mit Typografie und Schriftdesign befassen, sind die Unterschiede wahrscheinlich noch größer. Als frischgebackene Absolventin der University of the Arts London erkannte Amber Weaver, dass es in der Branche keinen Mangel an weiblichen Talenten gab – allerdings fehlte es an Sichtbarkeit und Anerkennung. „Ich ging zur Recherche in die Bibliothek und schaute mir Bücher über Typografie und Grafikdesign an. Mir fiel auf, dass dort nicht viele Frauen erwähnt wurden“, sagt Weaver. „Und wenn es um Schriftdesign ging, wurde immer nur von männlichen Designern gesprochen. Ich dachte mir: Es muss doch da draußen mehr Frauen geben.“
Weaver recherchierte weiter und begann, eine Liste weiblicher Designtalente zusammenzustellen. Damit trat sie in die Fußstapfen von Projekten wie Alphabettes, einem rein weiblichen Netzwerk von Typografinnen. 2018 veröffentlichte Weaver mit Unterstützung einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne, die ihr Ziel fast verdreifachte, ihre Ergebnisse in Femme Type. Dieses Buch stellt mehr als 40 zeitgenössische Designerinnen auf der ganzen Welt vor, die in den Bereichen Schriftdesign, 3D, kinetische Schrift, typografische Bildhauerei, Lettering und mehr arbeiten. Was als einmaliges Projekt begann, um „die Bücherregale der Menschen zu diversifizieren“, wie Weaver sagt, hat sich schnell zu einer vielschichtigen Plattform entwickelt: 2019 gründete sie TYPE01, ein auf Schriften fokussiertes Medienunternehmen und ein Schriftarten-Shop. Sie erfand Femme Type neu – mit einem Online-Magazin, einem inspirierenden Instagram-Account (@femmetype) und verschiedenen Onlinetutorials – und unterstützte im Rahmen der Marke eine Reihe von Gemeinschaftsprojekten.
„Die Leute haben so gut darauf reagiert, weil Femme Type wirklich einen Teil der Branche aufgreift, der zuvor fehlte.“ Nachdem das Buch nun in der zweiten Auflage erschienen ist, hat das unternehmungslustige Talent größere Ziele vor Augen. Und Weavers Zukunft sieht rosig aus, denn sie steht vor einer neuen, positiven Herausforderung: „Ich habe inzwischen so viele Frauen gefunden, dass ich sie unmöglich alle in einem Buch versammeln kann.“ – Aileen Kwun
Anstelle eines konventionellen lateinischen Alphabets besteht die Schriftart „Crackly“ der Schriftdesignerin Zuzana Licko aus verschiedenen Elementen, die zu Mustern kombiniert werden können.
Musterschriften jenseits der Buchstabenformen.
Wir leben in einer Zeit, in der jeder, der einen Computer besitzt, auf Tausende von Schriften zugreifen kann. Da vergisst man manchmal, dass digitale Schriften eine relativ neue Erfindung in der langen Geschichte der Typografie sind. Die in der Slowakei geborene amerikanische Schriftdesignerin Zuzana Licko, Mitbegründerin der einflussreichen Schriftgießerei Emigre Fonts (zusammen mit ihrem Ehemann Rudy VanderLans), entwirft seit fast 40 Jahren digitale Schriften – und hat dabei oft Neuland betreten. Der Start von Emigre fiel mit der Einführung des ersten Macintosh im Jahr 1984 zusammen, der Grafikdesignern eine Welt neuer Möglichkeiten und Werkzeuge eröffnete. „Als wir mit Emigre anfingen, war die Technologie eine Herausforderung. Für viele Aufgaben standen uns nur sehr primitive Werkzeuge wie grob aufgelöste Bitmaps zur Verfügung“, erinnert sich Licko. „Paradoxerweise hat uns die Arbeit innerhalb dieser Beschränkungen dazu inspiriert, mehr zu experimentieren, als es heute mit den endlosen Möglichkeiten der Fall ist. Es gab etwas, auf das man reagieren musste: ein Rätsel, das es zu lösen galt, ein Problem, das man bewältigen musste. Wir mussten grundlegende Annahmen neu überdenken – und das führte zu ungewöhnlichen Formen, auf die wir sonst vielleicht nicht gekommen wären.“
„Ich war schon immer von den Formen der Buchstaben und ihrer dualen Bedeutung fasziniert. In ihrem Kern bilden Buchstaben Worte, um eine buchstäbliche Botschaft zu übermitteln. Aber die Nuancen ihrer Formen und Stile – ob ganz einfach oder überschwänglich und fast schon unlesbar – können genauso viel Bedeutung vermitteln wie die Worte selbst.“ Bis heute experimentiert Licko bei ihrer Arbeit mit den Möglichkeiten und überschreitet die Grenzen des konventionellen Schriftdesigns. Eine ihrer jüngsten experimentellen Schriftarten, Crackly, hat sie 2019 entworfen. Sie nutzte die Vorteile von Wiederholung und Tastaturzugriff, um eine rein visuelle, musterbasierte Reihe facettenartiger Formen zu erstellen. Alle geometrischen „Buchstaben“ von Crackly lassen sich kombinieren, um Tiefe und inkongruente Perspektiven zu erzeugen, die an den Kubismus oder an die Arbeit von M. C. Escher erinnern. „Auf diese Weise kann der Anwender einfach verschiedene Kombinationen und Wiederholungen von Elementen testen – und zwar schneller und präziser als mit Vektorgrafiken“, so Licko, die Crackly für eine Reihe von persönlichen Projekten eingesetzt hat, darunter verschiedene gewebte Textilien. – A. Kwun
Die unabhängige Gießerei Vocal Type, gegründet von Tré Seals, entwirft Schriftarten, die Aktivisten wie Martin Luther King, Jr., Marsha P. Johnson und Carrie Chapman Catt würdigen. Sie sind von den Plakatschildern der verschiedenen Protestbewegungen inspiriert, die sie anführten.
So diversifiziert Vocal Type das Schriftdesign.
Der Grafikdesigner Tré Seals war auf der Suche nach Designinspiration und nach der perfekten Schrift für sein aktuelles Projekt, als ihm ein hartnäckiges Problem auffiel: Die Figuren, Beispiele und Stile, die in Designbüchern und -magazinen präsentiert wurden, wiesen allesamt eine gewisse Gleichartigkeit auf. Diese Erfahrung hinterließ einen bleibenden Eindruck bei Seals, denn seine Recherchen führten ihn zu Cheryl D. Holmes-Millers wegweisendem Artikel Black Designers:Missing in Action, der 1987 in einer Ausgabe der Zeitschrift PRINT erschien. „Das war das erste Mal, dass ich wirklich verstand, was Vielfalt im Design bedeutet und welchen Einfluss sie hat“, erinnert sich Seals. „Aber es wurde mir erst ein paar Wochen später wirklich klar, als sie zum 30‑jährigen Jubiläum dieses Artikels eine Fortsetzung veröffentlichte.“ Holmes-Millers Artikel bestätigte, was Seals bereits beobachtet hatte: Es gibt einen ausgeprägten Mangel an Vielfalt und Repräsentation in der Welt des Grafikdesigns und der Typografie. In den drei Jahrzehnten seit ihrem ursprünglichen Artikel hatte sich nicht viel geändert. Laut dem AIGA Census 2019 machen schwarze Designer nur drei Prozent der Designbranche in den USA aus.
Mit Unterstützung von Holmes-Miller, die heute seine Freundin und Mentorin ist, gründete Seals 2016 die unabhängige Schriftgießerei Vocal Type mit dem Ziel, „Design zu diversifizieren, Kultur zu bewahren und Schriften zu entwickeln“. Schriften wie Martin, Marsha und Carrie sind nicht nur wunderschön und präzise gezeichnet, sondern haben auch historischen Symbolcharakter. Sie sind benannt nach den Aktivisten Martin Luther King, Jr., Marsha P. Johnson und Carrie Chapman Catt und inspiriert von den Plakaten der Protestbewegungen, die sie anführten – von Bürgerrechten bis zum Frauenwahlrecht.
Die „Black Lives Matter“-Proteste im Jahr 2020 brachten Seals zwar viel Trauer, doch sie bestärkten ihn auch in seiner Mission und brachten ihn dazu, Vocal Type zu seinem Vollzeitberuf zu machen. Seals gibt kraftvollen Momenten in der Geschichte eine Stimme und lädt andere dazu ein, sich zu engagieren und an dieser positiven Botschaft teilzuhaben: „Der Stolz, den ich empfand, als ich von Dr. King, Dolores Huerta und anderen erfuhr … ich möchte diesen Stolz durch Typografie mit den Menschen teilen.“ – A. Kwun
Ragonas Experimente mit kinetischen Schriften liefern atemberaubende Ergebnisse.
Vincenzo Marchese Ragona über die Schönheit der kinetischen Schrift.
In einer Welt, in der wir ständig in Bewegung sind oder durch intelligente Geräte abgelenkt werden, brauchen Marken neue Wege, um sich von der Masse abzuheben. Das ist vielleicht der Grund, warum kinetische Typografie gefragter ist als je zuvor. Die Animationstechnik, die Text durch Programmierung und cleveres Design in Bewegung versetzt, eignet sich nicht nur für moderne Plakatwände, sondern auch für Social Media und digitale Werbung. Der in London ansässige Designer Vincenzo Marchese Ragona, zu dessen Kunden Nike, Lululemon, Etam und Moncler gehören, entdeckte die kinetische Typografie zuerst auf Instagram.
„Wir haben uns an das endlose Scrollen auf Instagram gewöhnt“, so Marchese Ragona, der derzeit im weltbekannten Monotype Studio arbeitet. „Studien besagen, dass man heute nicht mehr als fünf Sekunden Zeit hat, um die Aufmerksamkeit einer Person zu fesseln. Und wenn der Inhalt kein Interesse erzeugt, ist er für immer weg.“ Nachdem er in seinem Instagram-Feed viele kinetische Schriften gesehen hatte, versammelte er eine Gruppe von Freunden, um herauszufinden, wie sie selbst eine erstellen konnten. „Es ist okay, anderen nachzueifern, um zu sehen, wie sie es gemacht haben. Mit der Zeit baut man dann seine eigene Technik auf – basierend auf dem, was man lernt.“
Als wir Marchese Ragona nach seinem Verfahren für kinetische Schriften fragen, merkt er schnell an, dass ein Grund für seine Faszination darin liegt, dass er „jeden Tag etwas Neues ausprobieren“ möchte. Doch im Allgemeinen beginnt die Kunst der kinetischen Schrift damit, dass er die gewünschte Schrift entwirft. Dann gibt er seine Bewegungsideen an einen Programmierer weiter oder mischt Vorgaben in Adobe After Effects. „Wenn man darüber nachdenkt, ist kinetische Schrift eigentlich gar nicht so neu. Sie wird bereits verwendet, seit Filme Eröffnungstitel haben. Um sie auf neue Art und Weise und so wirkungsvoll wie möglich zu präsentieren, muss man in die Vergangenheit blicken, viel recherchieren und viel experimentieren.“ – A. Kozin

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